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REZENSION
Neuerscheinung
„…dass er treu und gewissenhaft übertragen werde.“
Dr. iur. Christian Kranjčić
2010 Mohr Siebeck Tübingen / Veröffentlichungen zum Verfahrensrecht 70 (SS. 220)
ISBN 978-3-16-150274-3, ISSN 0722-7574, EUR 54,--
Herausgeber Rolf Stürner und Gerhard Walter
Die von Herrn Christian Kranjčić vorgelegte Arbeit „…dass er treu und gewissenhaft übertragen werde.“ wurde im Jahr 2009 an der Juristischen Fakultät der Universität Regensburg als Dissertation angenommen und mit „summa cum laude“ bewertet. Die Betreuung oblag Herrn Prof. Dr. Henning Ernst Müller als Doktorvater; die Zweitbegutachtung erfolgte durch Herrn Professor Dr. Tonio Walter. Zudem setzte sich Herr Professor Dr. Rolf Stürner für die Aufnahme der Arbeit in die Schriftenreihe „Veröffentlichungen zum Verfahrensrecht“ ein, womit die Publikation nunmehr auch über den Buchhandel erworben werden kann.
Was macht die Promotionsschrift von Herrn Dr. iur. Christian Kranjčić so ausgesprochen interessant und wertvoll?
Sie ist eine der profunden und umfassenden Arbeiten, die die disziplinenübergreifende akademische Lehre und Forschung an der Schnittstelle Rechts- und Translationswissenschaften benötigt und die dabei helfen wird, den so wichtigen fachlichen Diskurs im Kontext der hoch spezialisierten Tätigkeit des ,,juristischen Dolmetschens und/oder Übersetzens“ voranzutreiben.
Im Buch wird - nach einer umfassenden Einführung - im Kapitel § 2 der „Juristische Meinungsstand“ausgelotet. Insbesondere wird ein Überblick über die Hinzuziehung eines Dolmetschers und die Vorschriften, die Dolmetscherbeiziehung in gerichtlichen Verfahren, die Dolmetscherbeiziehung im Ermittlungsverfahren und zum Dolmetschen im Allgemeinen gegeben. Zudem wird sowohl auf die nationalen als auch die europa- und völkerrechtlichen Rechtsgrundlagen eingegangen. Seien es die relevanten Bestimmungen des GVG Gerichtsverfassungsgesetzes (§ 185, Abs. 1 GVG), der StPO Strafprozessordnung (§ 152 Abs. 1, §§ 153 ff., § 160, Abs. 2, § 161 Abs. 1 und § 170 StPO), des GG Grundgesetzes (Art. 103 Abs. 1 GG), die Ansicht des BVerfG Bundesverfassungsgerichts im Hinblick auf ein faires Verfahren sowie sonstige Verfassungsgrundlagen im bundesdeutschen Kontext. Im europa- und völkerrechtlichen Rahmen finden zudem die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der UN-Generalversammlung (Art.2 Abs. 1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte), die EMRK Europäische Menschenrechtskonvention (Art. 6 Abs. 3 lit. e EMRK), die Grundrechte der Europäischen Union (Art. 48 Abs. 2, Art. 52 Abs. 3 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union), der Europäische Verfassungsvertrag (Art. III-108 Abs. 2, Art. II-112 Abs. 3 des Europäischen Verfassungsvertrages), der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte und das NATO-Truppenstatut (Art. VII Abs. 9f des NATO-Truppenstatuts) ausgewogene Berücksichtigung.
Das Kapitel § 3 Dolmetschen aus Sicht der Translationswissenschaft widmet sich wichtigen translationswissenschaftlichen Begriffsbestimmungen wie dem der Translat(ion), des Transaltors, des Translats, des Dolmetschens und des Übersetzens, der Translation im kommunikativen und kulturellen Rahmen und der Auseinandersetzung mit verschiedenen Translationstheorien - gleichermaßen unter sprachwissenschaftlichem wie funktionalem Ansatz. Zudem werden Einzelfragen wie Rückfragen, Kommentierungen, defekte Texte, die Translation von Rechtstexten, Besonderheiten des Dolmetschens und translations-wissenschaftliche Aussagen behandelt.
Kapitel § 4 Folgerungen für das Dolmetschen im Strafverfahren konzentriert sich auf Darlegungen zur Skoposbestimmung im Strafverfahren, wie das Abstellen auf Kategorien funktionaler Ansätze, den juristischen Meinungsstand im Überblick, das „optimale“ Translat und das rechtlich gebotene Translat. Besonders interessant sind dabei die Zusammenfassung und der Ausblick für das Dolmetschen in Strafverfahren. Insbesondere wird auch bei Kranjčić die Forderung nach einer hohen Professionalität des „juristischen Dolmetschers und/oder Übersetzers“ gestellt.
Hierbei ist zu berücksichtigen, dass es in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union wissenschaftsgeschichtlich sehr verschiedene Entwicklungen bei der Ausbildung von Dolmetschern und Übersetzern gegeben hat. Während für die Ausübung der beruflichen Tätigkeit eines Dolmetschers und/oder Übersetzers in den ehemaligen Ostblockstaaten grundsätzlich eine akademische Ausbildung auf sehr hohem theoretischem und praktischem Niveau erforderlich war, wurde diese Tätigkeit in den Staaten der alten EU häufig anders oder bisweilen gar nicht geregelt. Die einschlägige akademische Ausbildung ist innerhalb der Gemeinschaft vielfach weiterhin nicht zwingend erforderlich, obgleich bundes- und EU-weit exzellente akademische Ausbildungszentren bestehen (CIUTI-Universitäten) und sogar spezialisierte Studiengänge angeboten werden (FH Magdeburg-Stendal).
In den verschiedenen „Dolmetschergesetzen“ der Bundesrepublik werden beispielsweise in der Qualität sehr verschiedene Berufsabschlüsse einander faktisch gleichgestellt oder z.T. weiterhin keine einschlägigen Berufsabschlüsse verlangt. Immer wieder kommt es vor, dass Laien oder Berufsfremde zur Erbringung von juristischen Dolmetsch- und Übersetzungstätigkeiten herangezogen werden. Insofern müsste der Begriff des „professionellen“ juristischen Dolmetschers und/oder Übersetzers tiefer ausgelotet werden, der aus Sicht der Rezensentin nur einschlägiger akademischer Natur sein kann.
Ferner besteht in akademischen Fachkreisen weitest gehende Einigkeit dahingehend, dass staatliche Prüfverfahren von wenigen Monaten oder Kurzzeitkurse weder inhaltlich noch praktisch mit dermehrjährigen akademischen Ausbildung eines Juristen, Dolmetschers und/oder Übersetzersvergleichbar sind, was in der Natur der Ausbildungsgänge liegt. Insofern scheint sich vor dem Hintergrund vorliegender Publikation die schon vor Jahren seitens der Kommission empfohleneakademische Doppelkompetenz des „Lawyer-Linguist“ bzw. „Linguist-Lawyer“ zu bestätigen.
Zudem ist für Dolmetscher und Übersetzer – wie der Autor völlig zu Recht ausführt – die Beherrschung der juristischen Terminologie und die Kenntnis von Rechtsgebieten absolut unerlässlich, wie es im umgekehrten Fall die Ausbildung translatologischer Kompetenzen bei Juristen ist. Dass die erforderliche Beherrschung der juristischen Terminologie bisweilen immer noch diskutiert werden muss, überrascht unter dem Aspekt der Rechtssicherheit und Rechtspflege immer wieder neu.
In jedem Fall wird bereits angesichts der durch den Autor breit untersuchten Translationstheorien (Koller, Kade, Holz-Mänttäri, Reiß/Vermeer, Seleskovitch, Pöchhacker, Kussmaul, Salevsky, Gall u.a.) und der theoretischen und praktischen Vermittlung von Übersetzungs- und Dolmetschkompetenzen schnell deutlich, dass es sich bei der Tätigkeit des Dolmetschers/Übersetzers um ein anspruchsvolles akademisches Berufsbild handelt.
Und zwar ohne dass seitens des Verfassers - wegen der thematischen Eingrenzung - überhaupt auf Fragen der Syntax, der Lexikologie, der Grammatik, der Phonetik/Phonologie, der Morphologie, der Sprachgeschichte, der Stilistik, des Sprachvergleichs Quell-/Zielsprache oder unerlässlicherpraktischer Dolmetsch-, Übersetzungs- und Notizentechniken, die gleichermaßen in das Repertoire eines professionellen Dolmetschers und/oder Übersetzers gehören, eingegangen werden konnte.
Neben der erforderlichen Beiziehung von professionellen Dolmetschern und Übersetzern in Strafverfahren stellt der Verfasser gleichsam den Einsatz mehrerer professioneller Dolmetscher (Prinzip der wechselseitigen Kontrolle) und die grundsätzliche Kontrolle der Dolmetsch- und Übersetzungstätigkeit anheim. Speziell werden von Kranjčić dabei das Wortlautprotokoll, die optisch-akustische Aufzeichnung, die gerichtliche Kontrolle und die Empfehlung eines Zweit-Dolmetschers (-Übersetzers) ausgeführt.
Erweiterbar wäre diese Empfehlung durch die Anregung, Dolmetsch- und/oder Übersetzungsleistungen zur Sicherung des Sprachusus jeweils an Muttersprachler zu vergeben (muttersprachliches Prinzip). Ein Grundsatz, der sich im UN-, EU-Kontext und diplomatischen Kontext jahrzehntelang bewährt.
Die oben genannten Qualitätssicherungsinstrumente wären zweifellos wichtig zur Gewährleistung hoher Standards bei der juristischen Verdolmetschung und Übersetzung. Unter Kostenaspekt dürften zudem das Wortlautprotokoll und die optisch-akustische Aufzeichnung relativ unproblematisch sein.
In jedem Fall handelt es sich bei der Dissertationsschrift von Herrn Dr. iur. Christian Kranjčić
um eine sehr wertvolle und in ihrer Ausführung exzellente wissenschaftliche Arbeit, die einen unabdingbaren Beitrag für die Diskussion von fachlichen Voraussetzungen und Qualitätssicherungsinstrumenten bei der Erbringung anspruchsvoller juristischer Dolmetsch- und Übersetzungsdienstleistungen gleichermaßen im bundesdeutschen wie europäischen Kontext leisten wird.
Hamburg, im September 2010 Fachübersetzungen Polnisch-Englisch-Deutsch
Dipl. Phil. Helena Piprek
Kooperationspartnerin der Europäischen Kommission
Projektpartnerin für das Europäische Parlament
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